Bericht zum Fachgespräch „Klimaschutz vs. Denkmalschutz – unüberwindbare Gegensätze?“ am 09. Februar 2023

Bericht zum Fachgespräch

Bericht zum grünen Fachgespräch „Klimaschutz vs. Denkmalschutz – unüberwindbare Gegensätze?“

Am Donnerstag, den 09. Februar 2023, fand unser erstes Fachgespräch in diesem Jahr im Thüringer Landtag statt. Das Interesse an dem Thema „Klimaschutz vs. Denkmalschutz – unüberwindbare Gegensätze?“ war erkennbar groß. Nicht nur vor Ort nahmen über 50 Personen teil, auch per Zoom schalteten sich zahlreiche Interessierte dazu.

Ziel des Abends war es, gemeinsam über Maßnahmen und Lösungsansätze zu sprechen, wie mehr Klimaschutz auch in Thüringens Flächendenkmälern und bei geschützten Gebäuden gelingt. Dafür haben wir unterschiedliche Referent*innen aus den verschiedenen Fachbereichen eingeladen. Neben unseren Abgeordneten Madeleine Henfling (kulturpolitische Sprecherin) und Laura Wahl (energie- und klimaschutzpolitische Sprecherin) saßen Thomas Wahlbuhl und Oliver Wisk als Vertreter der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA), sowie der Landeskonservator des Thüringischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Holger Reinhardt auf dem Podium. Außerdem begrüßten wir den Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei sowie Präsident des Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff als Diskussionsteilnehmer.

Zu Beginn begrüßte Laura Wahl die Referent*innen und Gäst*innen: „Die Vereinbarkeit von Klimaschutz und Denkmalschutz bewegt offensichtlich sehr viele Menschen in Thüringen. Der Ausbau der Erneuerbaren ist angesichts der Abhängigkeit von fossilen Energien dringend notwendig. Der Denkmalschutz in Thüringen kann allerdings beispielsweise beim Ausbau der Solarenergie auf Dächern manchmal ein Hindernis sein. Darüber wollen wir heute diskutieren.“

Prof. Dr. Hoff erklärte in seinem Eingangsstatement: „Wir können den massiven Ausbau der erneuerbaren Energie nicht ohne Gebäude denken, die unter Denkmalschutz stehen. Denkmalpflege und Klimaschutz können nicht als zwei gegensätzliche Dinge betrachtet werden, sondern müssen zusammen gedacht werden.“ Dank dem neuen Paragraph 2 im Erneuerbare-Energien-Gesetz dürfen Solaranalgen nur noch bei triftigen Gründen abgelehnt werden. Auf Nachfrage, ob bislang abgelehnte Anträge hinsichtlich der Änderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz nun eine Chance auf einen positiven Bescheid hätten, erläuterte Hoff: „Nach meiner Einschätzung kann es, wenn sich die Rechtslage ändert, auch zu einer Neubewertung von negativen Bescheiden der Denkmalbehörden für Anträge zum Bau von Solaranlagen kommen.“

Es folgten zwei interessante Input-Vorträge von den Vertretern der ThEGA. Wichtig sei es zu verstehen, so Wahlbuhl, dass das Hauptproblem im Gebäudebereich die Wärmeversorgung ist. Die Stromerzeugung mache nur 15 Prozent aus, während 85 Prozent der Energieversorgung, Wärmerzeugung sei. Als einzige praktikable und wünschenswerte Lösung innerhalb von dichtbebauten Altstädten kommt daher meist die Fernwärme in Frage, welche aber in Zukunft noch vollumfänglich dekarbonisiert und preiswerter gestalten werden müsse. Zum Thema Solaranlagen sagte Thomas Wahlbuhl: „Parkende Autos und Straßenschilder vor Kulturdenkmälern oder kulturhistorischen Gebäuden stören häufig niemanden, aber bei der Montage von PV-Anlagen auf den Dächern gibt es nicht nur häufig Widerstand, sondern auch rechtliche Schwierigkeiten.“ Oliver Wisk ergänzte in seinem Vortrag: „Wir brauchen eine grundlegende Zeitenwende in der Baukultur hin zu einer nachhaltigen Bauweise. Dazu gehört die Vermeidung von Neubau und Abriss, sowie die Nutzung von nachhaltigen und ressourcenschonenden Bauteilen.“ Er erklärte weiter, wie es trotz der Bewahrung von Denkmalschutzinteressen möglich ist, Gebäude energetisch zu sanieren. So könne man zum Beispiel einfach eine zweite Fensterfront hinter denkmalgeschützten Fenster setzen, um Gebäude zu dämmen ohne das kulturelle Erbe zu zerstören. Kreativität und Durchhaltevermögen sei wichtig. Außerdem stellte die ThEGA ihren Leitfaden „Thüringer Bauwegweiser“ für Bauherr*innen vor. Darin geht es um Tipps und Tricks rund ums nachhaltige und ökologische Bauen. Um die Klimaziele zu erreichen kann der Bausektor ein wichtiger Hebel sein, die CO2-Emmissionen zu reduzieren.

Beim letzten fachlichen Input bekam der Landeskonservator Holger Reinhardt das Wort und machte deutlich: „Klimaschutz und Denkmalschutz sind keine Antagonismen! Schon immer setzt sich die Denkmalpflege für den Erhalt und damit auch für die Nachhaltigkeit von Baustrukturen ein.“ Denkt man die klima- und denkmalschützenden Interessen zusammen, könne man zu einer ressourcenschonenden und klimaneutralen Zukunft kommen. Darüber hinaus sei es wichtig Stadtplanung, hinsichtlich ökologischer und ökonomischer Sicht im Ganzen in den Blick zu nehmen und den hohen Leerstand in unseren Städten entgegenzuwirken. Die Nutzungsphasen von Gebäuden müsse verlängert und die Nachnutzung staatlich gefördert werden. „Wichtig ist es auch, ästhetische Integrierbarkeit zu beachten, um keine Ablehnung von erneuerbaren Energieträgern bei der Bevölkerung zu erzeugen. Dann führt die Einsehbarkeit von PV-Anlagen auch tendenziell zu Akzeptanz und zu einem erhöhten Nachhaltigkeitsbewusstsein.“

Nach den fachlichen Beiträgen stiegen wir in die vertiefende Diskussion in großer Runde ein und es entstand ein niedrigschwelliger und konstruktiver Austausch zwischen den Anwesenden. So war es ein Anliegen einiger Teilnehmenden neben technischer und ökologischer Nachhaltigkeit auch kulturelle Nachhaltigkeit zu beachten. Gleichzeitig wurde betont wie die Kooperation von Verwaltungsreferaten, auch wenn sie sich manchmal schwierig gestalten kann, insbesondere auf dem Land die Chancen auf eine Genehmigung von zum Beispiel Solaranlagen erhöhen kann. Hierzu sagte Prof. Dr. Hoff: „Wir müssen auch angesichts des Fachkräftemangels über eine Regionalisierung von Aufgaben sprechen und eine interkommunale Zusammenarbeit fördern. Eine Bündelung ist besonders für kleine Kommunen wichtig.“

Es stellte sich weiterhin heraus, wie entscheidend ein frühzeitiger Austausch, am besten vor der Antragseinreichung, zwischen Eigentümer*in und Denkmalschutzbehörde ist, um eine gute Lösung, die alle Interessen kombiniert zu finden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Debatte war neben Klimaschutz auch das Thema Klimaanpassung. So wurde zum Beispiel über Stadtbegrünung, Fassadenbegrünung, die Pflanzung von heimischen Arten und die Vermeidung von Betonierung der Gärten gesprochen. Madeleine Henfling sagte dazu: „Egal ob bei Prävention oder Anpassung, es muss dabei immer um Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und emissionsfreie Energieversorgung gehen.“

Passende Schlussworte für eine gelungene Veranstaltung fand Laura Wahl, indem sie erneut auf die Notwendigkeit der Energiewende aufmerksam machte: „Angesichts der Klimakrise müssen wir die Abwägung der Interessen klug und zukunftsweisend vollziehen und nicht nur im Bausektor zu mehr Klimagerechtigkeit kommen.“

Wir bedanken uns herzlich bei den Referent*innen und allen Teilnehmer*innen für das Interesse an unserem Fachgespräch und den Themen Klimaschutz und Denkmalschutz, die interessanten Einblicke und die angeregte Debatte. Wir sehen definitiv Potential für weitere Veranstaltungen dieser Art.